„Viele gehen rein, nichts kommt heraus,“ hab ich kürzlich in einer Beschreibung über Meetings gelesen. Das Nicken von dir, lieber Leserin, und dir, liebem Leser, kann ich jetzt förmlich spüren. Eigentlich wünschen wir uns das Gegenteil: Weniger Zeit und mehr an Ergebnis.
Ich hab einen Katalog an Fragen zusammengestellt. Sie laden dich ein, Dinge, die vielleicht bisher „immer so“ gemacht wurden, in Frage zu stellen und damit schon Veränderungen einzuleiten. Wahrscheinlich ist nicht alles für deine Veranstaltungen und Meetings relevant, dann nimm einfach die Fragen, die dich ansprechen. Das sind die Rädchen, an denen du ansetzen kannst.
1. Was wollen wir wirklich besprechen und erreichen?
Diese Frage können wir uns gar nicht oft genug stellen: Was wollen wir wirklich besprechen? Was wirklich, wirklich? Wenn wir ehrlich sind: Worum geht es wirklich??
Und damit es auch klar ist, hier noch einmal zum Mitschreiben: Worum geht es wirklich?
2. Welche Grenzen sind zu beachten?
Entscheidungen fallen nicht im luftleeren Raum, sie sind in einen Kontext eingebettet – und manches davon ist nicht verhandelbar. Oder zumindest in dieser Situation nicht verrückbar. Sich dann mit solchen Dingen zu beschäftigen, verschwendet nur Zeit, Energie und Geld.
Eine Grenze kann sich aus den Finanzen ergeben: Wir haben die Summe X zur Verfügung, Gespräche über „Was wäre wenn…“ und „hätten wir doch mehr Geld…“ sind dann verlorene Liebesmüh. Also sparen wir sie uns gleich.
Eine andere Grenze kann sich aus dem Recht ergeben sein: Gewisse Dinge sind verboten. Punkt. Wir wollen ja im Unternehmen oder für die Verwaltung was weiterbringen und weder Strafe noch Gefängnis riskieren.
3. Wer kann jetzt und zu dieser speziellen Frage beitragen?
Hier geht es um die Einladung. Sind auch wirklich alle am Tisch, die beitragen können, betroffen sind, einen Mehrwert schaffen können? Haben wir auch niemanden übersehen? Diese Frage erfordert oft Mut, ein Denken out of the box – hierarchieübergreifend und unkonventionell.
Gut beitragen können auch die, die letztendlich umsetzen. In diesem Fall gibt es noch einen Nebeneffekt, der oft übersehen wird: Sind die Umsetzenden einbezogen, dann fällt ein oft zeit- und energieraubender Teil weg: Das „Verkaufen“ und Schmackhaftmachen von Entscheidungen.
4. Wer kann wegbleiben?
Diese Frage ist die Kehrseite von Nummer 3 – und erfordert von manchen sogar noch mehr Mut ;-). Gewohnheiten, die manchmal schon zu Ritualen geworden sind, in Frage zu stellen und umzustoßen, kann eine Herausforderung sein.
Und das auch dann, wenn einzelne Personen in Meetings sowieso nicht betragen können und auch vom Inhalt kaum oder gar nicht betroffen sind. Ich habe jetzt konkrete wöchentliche Sitzungen in meiner Zeit in einem Ministerium vor Augen. Du hast sicherlich deine eigenen Beispiele. Frag also: Ist der Verteiler von Anno Dazumal noch sinnvoll? Wer kann von der Bürde einer Teilnahme befreit werden?
5. Wer ist vom Besprochenen betroffen?
Idealerweise sind die, die betroffen sind, selbst eingeladen und reden mit: Siehe Punkt 3. Ist das – auch welchen Gründen auch immer – nicht der Fall, ist jetzt der Moment zum Überlegen, an wen und wie die Informationen weitergegeben werden. Wen tangieren unsere Überlegungen? Wen noch?
6. Wer kann eine Einigung zu Fall bringen?
Wir sind immer noch beim Kreis der Einzuladenden, daher ist auch dieser Punkt mit der Nummer 3 verbunden. Diese konkrete Frage hier führt uns aber zu Personen, die nicht immer offensichtlich eine Rolle für das Thema der Besprechung spielen. Beispielsweise kann hier die informelle Hierarchie eine Rolle spielen, die oft übersehen wird. Gibt es eine solche Person, sollte sie definitiv eingeladen oder einbezogen sein.
Jedenfalls ist jetzt der Moment, sich mit ihr zu beschäftigen. Wer könnte eine solche Rolle einnehmen? Wer kann hintertreiben, verzögern oder unmöglich machen? Wem geht unser Inhalt gegen den Strich?
7. Wer bereitet inhaltlich vor?
Muss es immer die Chefin sein, muss es immer der Abteilungsleiter XYZ sein? Oder wäre es nicht zielführender, anderen diese Aufgabe zu übergeben und ihren frischen Blick auf die Dinge zu nutzen? Oder zumindest ein erweitertes Vorbereitungsteam installieren, das von Anfang an mehr Gesichtspunkte von Anfang an einbringt? Wer ist inhaltlich mit den Themen befasst und könnte hier beitragen?
8. Wo findet das Meeting statt?
Tische haben etwas Beruhigendes, weil wir uns dahinter ein wenig verschanzen können. Warum aber nicht in einem Kreis ohne Tische? Warum nicht im Stehen? Steh-Meetings haben auch den Vorteil, dass sie schneller durchgezogen werden und fokussierter sind ;-).
Muss es überhaupt ein Raum sein? Ich schreibe gerade auf der Terrasse von meinem Coworking Space in Brussels. Nicht nur, dass ich den herrlichen Altweibersommer genießen kann – ein kleiner Ortswechsel ändert auch die Perspektive.
9. Wer kann das Meeting leiten?
Wie beim Vorbereitungspunkt Nr. 7 geht es auch hier darum, andere und mehrere einzubeziehen und damit auch mehr Ressourcen für die Arbeit zu nutzen. Wer kann diese Rolle einnehmen? Welches Team kann das Meeting leiten, moderieren und dafür verantwortlich sein?
10. Wer kann Timekeeper sein?
Siehe auch hier Punkt 7 und 9. Mehrere Schultern tragen die Arbeit. Und: Kümmert sich jemand um die Einhaltung der Zeit, gibt das einen klaren Rahmen und die Gefahr von Endlos-Besprechungen sinkt. Wer mag Uhren und kann auch gut unterbrechen, sollten wir überziehen?
11. Was kann die Teilnehmer willkommen heißen?
Wir Menschen brauchen einen Moment, um uns auf andere Situationen und Menschen einzustellen, einzuschwingen. Raum, Licht, Getränke, Snacks unterstützen hier. Sehr oft übernimmt die Kontaktaufnahme untereinander der Smalltalk. Warum nicht einen Icebreaker für alle vorschlagen? Wollen wir uns vielleicht sogar zu einem Spiel vorwagen? Oder gibt es eine Frage, die jede und jeder beantwortet, um so mit Stimme und Präsenz anzukommen? Wie können starre Strukturen der Gruppe gelockert werden, damit wir dann als Menschen miteinander arbeiten können?
12. Wer sammelt das ein, was wir für die Weiterarbeit brauchen?
Muss es immer dieselbe Person sein? Ja, gut, sie hat Übung, aber ist der Mehrwert auch immer noch gegeben? Vielleicht können alle einsammeln, was ihnen wichtig war? Vielleicht gibt es am Ende eine Runde, in der die „Ergebnisse“ gesammelt werden?
13. Was wollen wir denn überhaupt mitnehmen?
Sind es wirklich die üblichen Protokolle im alten Stil, die wir seit Jahren verwenden? Ok, wir wissen, was wir zu erwarten haben, aber steht der Aufwand an Zeit und Energie der Schreibenden in Relation zu dem, was es uns bringt? Wer liest denn wirklich? Vielleicht reichen dieses Mal auch ein paar Fotos von Flipcharts? Vielleicht ein interaktives Dokument, auf das alle Zugriff haben?
Ich kann da jetzt viele Möglichkeiten nennen und Überlegungen einbringen, wie man das Sammeln praktisch organisieren könnte. Wenn wir aber tiefer in diesen Punkt eintauchen, dann sehen wir schnell: Zum Ziel führt uns hier wieder nur die Beantwortung der Frage: Was wollen wir wirklich besprechen? Worum geht es hier? Nur dann wissen wir auch, was an Relevantem wir festhalten müssen. Und das kennen wir doch bereit: Es führt uns wieder zurück zur ersten Frage. 😉
Lasst uns Räume für gute Gespräche schaffen,
Ilse